Es kann nicht ernst gemeint sein, dass jetzt, nachdem ein Jugendlicher (mal wieder) durch eine Schule ging und versuchte seine Lehrer und die Schüler der Schule (mit) in den Tod zu reißen, ein Verbot von Computerspielen als Lösungen angeboten wird… (Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, CDU, http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6112564_REF1,00.html, Dienstag, 21.11.2006, 17.05 Uhr)
Also bitte!
Noch billiger geht es doch wohl kaum!
Wer wollen Sie denn mit solch einer Forderung verhöhnen, Herr Schünemann?
Glauben Sie denn allen Ernstes, dass der Schüler aus Emstetten nicht Amok gelaufen wäre, wenn er nicht „Counter-Strike“ gespielt hätte?
Vielleicht hätte er nicht so gut getroffen…?
Gut, ich mag diese Spiele auch nicht und sie sind bestimmt nicht gut für Kinder und Jugendliche, aber das riecht doch stark nach der Sündenbockmethode…:
Wir stehen einer Tat hilflos gegenüber und es wird verlangt, dass etwas getan wird. Also verlangen wir das Verbot von Kampfspielen und hoffen, dass vielleicht noch bestimmte ZEITUNGEN mit auf diesen Zug springen, denn denen obliegt die Bildung der Bürger.
Wir verlangen also, dass etwas verboten wird, das garantiert nicht verboten werden kann, da es schon viel zu verbreitet ist und die Kanäle zur Verbreitung viel zu undurchsichtig sind. Aber, wir haben dadurch eine Legitimation uns die Hände in Unschuld zu waschen, falls wieder einmal jemand schießend durch die Gegend rennt:
„Ha, ich habe es doch gesagt, diese Computerspiele verleiten die Jugend zum Amoklaufen – ja, und leider, wir haben wirklich alles getan, aber das Verbieten hat nicht viel geholfen… die Raubkopien, die Raubkopien… …nun ist der Bürger gefragt…“
Ziel sei ein Herstellungs- sowie ein Verbreitungsverbot, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Hannover. Ein Herstellungsverbot sei zwar schwer umsetzbar, da der Großteil der „Baller-Spiele“ im Ausland programmiert werde. Ein Verbot zur Verbreitung in Deutschland sei allerdings ein wichtiger erster Schritt.
(http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6112564_REF1,00.html Dienstag, 21.11.2006, 17.05 Uhr)
Ein Verbot zur Verbreitung von etwas, sei es Musik sei es ein Videospiel, hat schon immer zu stärkeren Verbreitung desselben geführt. Aber darum geht es ja nicht, oder? Es geht doch wohl eher darum, etwas zu tun, damit der Bürger sieht, dass jemand etwas tut. Was getan wird, ist letztendlich egal…
Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass solche Spiele bei Tätern solcher Couleur gefunden werden, und vielleicht unterstützen solche Spiele ja auch den Entschluss in eine Schule zu gehen und Menschen totzuschießen….
Aber, irgendwie will ich nicht glauben, Herr Schünemann und Herr „Sprecher des Ministeriums“, dass ein Mensch, auf den man aufgepasst hat, den man mit seinen Ängsten und Problemen in der Schul– und während der Pubertätszeit nicht allein gelassen hat, dessen Eltern nicht von ständiger Arbeitslosigkeit bedroht werden und dennoch „Counter-Strike“ spielt, wild schießend durch seine ehemalige Schule rennen würde…
Es ist natürlich leichter, Spiele zu verbieten, als kleinere Klassen in Schulen anzubieten, wo auffällige Jugendliche eventuell eine Chance hätten.
Es ist natürlich auch leichter, als jungen Menschen mit schlechten Schulnoten, eine Perspektive in unserer Gesellschaft anzubieten.
Und, natürlich ist es leichter als zuzugeben, dass die Gesellschaft versagt hat.
Man könnte die Forderung nach einem Verbot für „Killer-Spiele“ auch als „einfältige Forderung“ bezeichnen, Herr Schünemann.
(http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6112564_REF1,00.html Dienstag, 21.11.2006, 17.05 Uhr)
Sollte man sich nicht die Frage stellen, warum es einer Gesellschaft nicht gelingt, ihren Mitgliedern beizubringen, dass man sich nicht gegenseitig tötet?! Kann es sein, das wir uns zu sehr an unsere dicken Bäuche gewöhnt, uns in die Kultur des Wegsehens eingefügt haben?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der zu einer Waffe greift, nicht vorher Unerträgliches durchgemacht haben muss, um auf die Idee zu kommen, seine Lehrer und Mitschüler zu erschießen. Es ist geradezu zwangläufig notwendig, dass dieser Mensch stark verletzt wurde, und, dass andere Menschen es gesehen haben. Denn, egal wie klein die Grenze vom Normalen zum Amoklauf ist. Er wird nicht so dumm sein, sich in den Tod zu begeben und andere mitzunehmen, wenn er nicht einen unguten Grund hatte – oder dorthin getrieben wurde.
„Für die, die es noch nicht genau verstanden haben: Ja, es geht hier um Amoklauf! Ich weiss selber nicht woran ich bin, ich weiss nicht mehr weiter, bitte helft mir.“
(http://www.wdr.de/themen/panorama/21/schule_emsdetten/… Dienstag, 21.11.2006, 17.05 Uhr)
Pingback: marc pentermann.de » Computerspiele und Amokläufer