Sind Menschen keine Hühner?

Manchmal lese ich auf Tagesschau.de einen Artikel und erfahre etwas, das ich, wenn nicht schon immer gewusst, so doch schon immer geahnt habe – und es betrifft mich.
Letzteres, das „Ahnen“ also, ist allerdings schon eine Lüge, um mir folgendes vorzuheucheln:
Ich hätte es zwar wissen können, da ich aber nichts wusste, hatte ich keinen Grund aktiv zu werden…

Wenn man – mal wieder – darauf aufmerksam wird, dass der gänzlich unluxeriöse Preis bestimmter Luxusgüter – wie Bananen und Ananas – mit einem abartigen Preis – nämlich dem Leben Anderer – erkauft wird, dann sollte man vielleicht anfangen schlicht auf Bananen und Ananas zu verzichten. Kein großer Akt. Wenn man es weiß und dennoch nicht auf diese günstigen Früchte verzichtet, dann sollte man zumindest ein schlechtes Gewissen haben.

Vom Pathos zur Realität:

Oxfam beschreibt, dass gerade die deutschen Supermarktketten (Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Metro) in Südfrüchte produzierenden Ländern für ein Preisdumping verantwortlich sind, das – wie oben schon angedeutet – ein geradezu menschenverachtendes Verhalten der Firmen vor Ort auslöst.

Beispiele (Zitate aus der genannten Oxfam-Studie):

Über den Ananasanbau in Costa Rica:

„Im besten Fall verdienen die Arbeiter/innen den gesetzlichen Mindestlohn. Da allerdings oftmals bis zu 12 Stunden am Tag bei gleichbleibender Entlohnung gearbeitet werden muss, wird der gesetzliche Mindestlohn,
der auf einem Achtstunden-Tag basiert, in der Praxis deutlich unterschritten.“ (Seite 26)

„Die Schikanierung von Gewerkschaften ist in der Ananasproduktion an der Tagesordnung.“ (Seite 27)

„Beim Ananasproduzenten Piña Frut, der Dole beliefert werden die Arbeitnehmer/innenrechte permanent verletzt.“ (Seite 27)

„Arbeiter/innen in den Verpackungsstationen werden nach Akkord bezahlt, d.h. nach der Anzahl der gepackten Kisten. Wenn sie nicht arbeiten, verdienen sie kein Geld. Dies trifft in erster Linie die Frauen, die beim Waschen, Sortieren und Einpacken der Ananas zum Einsatz kommen. Um Sozialabgaben zu umgehen, werden 60 Prozent der Arbeiter/innen nur für zwei bis drei Monate beschäftigt. Nach Ablauf des Vertrages ist eine Neueinstellung nicht garantiert.“ (Seite 28)

„Nach einem Bericht der Landarbeitergewerkschaft SITRAP vom 28. März 2007 kennt die gewerkschaftsfeindliche Politik von Piña Frut keine Grenzen. Das Unternehmen droht mit ’schwarzen Listen‘, Gehaltskürzungen, Massenentlassungen und Plantagenschließungen. Tag für Tag gibt es Besuche auf den Plantagen, um die Arbeiter/innen zum Austritt aus der Gewerkschaft zu bewegen.“ (Seite 29)

„In Costa Rica werden Pestizide eingesetzt, die wegen ihrer Giftigkeit in Europa verboten sind. […] Klassische Symptome bei Kontakt mit Paraquat sind Augenschäden, Nasenbluten, Reizung oder Verbrennung der Haut, Übelkeit und Erbrechen. Die Folgen der Anwendung von Paraquat ohne Schutzkleidung, mit undichtem Sprühgerät oder bei unvorsichtiger Handhabung können tödlich sein (evb.ch). Dole hat im Oktober 2007 verkündet, weltweit auf Paraquat zu verzichten – mit Ausnahme der Ananasplantagen in Costa Rica. Dort soll das Pestizid noch bis Juni 2008 zum Einsatz kommen […] (Seite 30)

Über die Bananenplantagen in Ecuador:

„Die Arbeiter/innen sind bei Arbeitszeiten von zehn bis zwölf Stunden am Tag sechs Tage die Woche Pestiziden ausgesetzt. “ (Seite 36)

„Eine Untersuchung und Befragung […]in den Anbauregionen Los Ríos, Guayas und El Oro ergab, dass die Arbeiter/innen, die die Chemikalien mischen und die Flugzeuge betanken, im Extremfall bis zu 65 Stunden pro Woche arbeiten. (Acción Ecológica 2007a:14).12“ (Seite 36)

„’Kleine Preise’ gibt es bei Plus und bei Penny, ‚billiger‘ ist es bei Lidl, und Preise, die ‚ganz unten’ sind, bietet Aldi Nord. ‘Konstant niedrige Preise’ gibt es bei Aldi Süd und ‘Niedrigpreise’ bei Norma. Bei Rewe muss der Preis ‘unten sein’ und bei Edeka wird mit Preisen geworben, die ‘dauerhaft niedrig auf Discounterniveau’ sind, während Tengelmann ‘unschlagbar im Preis’ ist. Beim Wettkampf um die Gunst der Kunden und um Marktanteile spielt der Preis eine zentrale Rolle. Der deutsche Markt gilt laut Branchenkennern nicht ohne Grund als ‘der nachweislich härteste Markt der Welt’, mit einem ‘außerordentlich niedrigen Preisniveau’. Die Schlacht um Markanteile im Lebensmitteleinzelhandel wird auf der Einkaufsseite geschlagen.“ (Seite 40)

Mehr braucht man darüber nicht zu sagen, höchstens, dass es – wenn ich mich recht erinnere – ähnliches über den Kaffeanbau zu sagen gibt.

Unter „Billige Südfrüchte haben ihren Preis“ (Tageschau.de) kann man nachlesen, was mich bewog, das Vorherige zu schreiben. Weitere Hintergründe – die Oxfam-Studie „Endstation Ladentheke“ :
(http://www.oxfam.de/download/endstation_ladentheke.pdf) bzw.
http://www.oxfam.de/a_611_presse.asp?id=325)

Wie soll ich Resümieren? – vielleicht so:

Ich kaufe seit geraumer Zeit nur noch Eier von freilaufenden Hühnern, denn ich kann es nicht ertragen, dass Hühner zusammengefercht in kleinen Käfigen für mich Eier legen müssen – ich finde das unmoralisch.

Aber Menschen sind doch keine Hühner – oder?

Ein Gedanke zu „Sind Menschen keine Hühner?

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