Meine Spiegelreflex – eine Bilanz

Im Januar 2009 kaufte ich mir meine erste Spiegelreflexkamera.
Nach nicht ganz einem Jahr will ich hier über meine Erfahrungen resümieren und mir die Frage stellen:

„Ergibt es Sinn, sich mit einer Spiegelreflex zu ‚belasten‘?“
Denn immerhin, eine Spiegelreflexkamera kostet nicht nur Unmengen Geld, im Verhältnis zu ihren kleineren Schwestern, sie ist auch wesentlich schwerer und größer. Zudem kommt man schnell in die Versuchung, sich mit (teurem) Zubehör auszustatten.

Vielleicht hilft dieser Erfahrungsbericht ja auch dem einen oder der anderen bei der Überlegung, sich eine Spiegelreflexkamera zuzulegen oder sich dagegen zu entscheiden.

In diesem ersten Artikel, werde ich mich mit dem Thema befassen:
„Was man beim Kauf alles falsch machen und was letztendlich daraus werden kann…“

Hier also – sozusagen als Hintergrundinformation – meine Spiegelreflexanamnese:
Im Januar 2009 kaufte ich mir, bei Foto Erhardt, das ist ein kleine Kette mit Hauptsitz in Osnabrück, meine erste Spiegelreflexkamera.
Es sollte eine Canon EOS 450D mit einem Objektiv mit möglichst großem Zoom sein. Ich kaufte also besagte Kamera (auch Body genannt) und als Objektiv ein Sigma 18 bis 200mm f3.5-6.3.  Diese beiden gab es als Paketangebot für unter 1000,- Euro.

Die Verkäuferin fragte mich, ob ich denn keinen Filter vor das Objektiv schrauben wolle…
„Wie, Filter? Ich denke, Filter benötigt man nur um irgendwelche eigenartigen Effekte zu bekommen?“ fragte ich.
„Ja, die gibt es auch.“ meinte sie, „aber, es gibt auch neutrale Filter, die nur Ihre Linse schützen. Stellen Sie sich doch den Ärger vor, wenn Sie einen Kratzer auf das Glas Ihres Objektivs bekommen. Es wäre sehr teuer, dass zu reparieren. So ein Filter hingegen, kostet nur einen Bruchteil davon…“

Mist, sie hatte natürlich Recht. Zusätzliche 50,- Euro weg. (Es gibt selbstverständlich auch bei den Filtern Unterschiede, aber man will ja nicht das schlechteste kaufen.)
Dann kam noch ein zweiter Akku dazu: Noch einmal 35,- Euro weg.
Und, eine Tasche: 20,- Euro.
Ach ja, eine SD Karte: 30 ,- Euro.
So läpperte es sich.

Das Objektiv stellte sich schnell als schlechte Wahl heraus, denn ich war von der enormen Unschärfe dieser Linse enttäuscht. Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt nichts von dem Effekt des Front- bzw. Backfokus – was nichts anderes bedeutet, als dass eine Kamera mit einem bestimmten Objektiv vor bzw. hinter dem eigentlich fokussierten Bereich scharf abbildet und man somit nur schwammige Fotos erhält. (Eine Erklärung mit Beispielbildern findet man auf  Traumflieger.de.)
Das wusste ich aber, wie gesagt,  zu diesem Zeitpunkt noch nicht, so dass ich mich bei der Verkäuferin nur über die schlechte Abbildungsleistung des Objektivs beschwerte und nicht in der Lage war , das eigentliche Problem zu kommunizieren. Sie tauschte das Objektiv dennoch, relativ unkompliziert, gegen eine ähnliche von Canon um.  Gegen Aufpreis natürlich, den sie mir mit meinem vorherigen Rabatt verrechnete.
Dennoch, noch einmal 90,- Euro waren weg.
Ich besaß nun:

  • 1 Canon 450D
  • 1 SD Karte
  • 1 Objektiv Superzoom (Canon 18 bis 200mm f3.5-5.6)
  • 2 Akkus
  • 1 Tasche

Jetzt sollte es aber wirklich endlich losgehen:
3,5 flotte Bilder pro Sekunde, tolle 12MP und einen Zoom von 18 bis 200mm. Wegen des sogenannten „Cropfaktors“ entspricht das einer Kleinbildkamera mit einem 29 bis 320mm Zoom, was schon ziemlich viel ist. Meine Nikon L12 hat 7 MP, schießt ungefähr 1 Bild alle 3,5 Sekunden und hat einen Zoom von 35 bis 105 mm, die Canons G10/G11 bringen immerhin1,3 Bilder/Sekunde und haben einen Zoom von 28-140mm.

Aber weiter:
Ich  kannte zwar die Prinzipien der Fotografie, also die Abhängigkeiten der Blendzahl,  der Verschlussgeschwindigkeiten und ISO-Werten untereinander, aber die tatsächlichen Auswirkungen erfährt man natürlich erst, wenn man zur Kamera greift. Ich war bereit, mich damit auseinanderzusetzen. Ich hatte vor, keine Automatikfotos schießen, sondern höchstens „Halbautomatikfotos“. Sprich, ich wollte zumindest die Blendzahl oder die Belichtungszeit einstellen, je nachdem was ich gerade fotografierte und den Rest dann der Kamera zu überlassen. Wie ich feststellten musste, birgt dieses Vorhaben schon genügend Herausforderungen in sich.
Die Einstellmöglichkeiten der Blendzahl, der Belichtungszeit und des ISO-Wertes hat man übrigens ebenso bei der Canon G10/G11 und ebenso bei vielen anderen Kameras. Diese Einstellmöglichkeiten sind also nur bedingt Gründe für eine Spiegelreflex. Warum ich hier das Wort  „bedingt“ benutze, werde ich weiter unten erläutern.

Trotz meines ersten Fehlkaufs, und trotz des großen finanziellen Aufwands machte ich mich sehr motiviert auf, um zu fotografieren: Ich lichtete alles ab, was mit vor die Linse kam.

Ich stellte Verschiedenes fest:

Zum Beispiel, dass eine Spiegelreflexkamera, abgesehen von der Größe, den Einstellmöglichkeiten und der Technik noch einen weiteren grundlegenden Unterschied mit sich bringt, den man sehr schnell (eigentlich schon beim Kauf) bemerkt:Man wird aus verschiedenen Gründen „gezwungen“ durch die Linse und nicht auf das Display zu schauen, wenn man ein Bild anvisiert. Denn erstens ist der so genannte „Live-View-Modus“ derart umständlich zu bedienen, dass man ihn freiwillig nur in Ausnahmefällen benutzen mag, und zweitens schafft man durch den Blick durch das Objektiv einen dritten Stabilisierungspunkt, der bei einer (im Vergleich zu jeder Kompakten) schweren Kamera nötig wird, um die Kamera vernünftig zu führen, zudem erhält man dadurch eine ganz andere – meiner Meinung nach – direktere Perspektive.

Ich musste erkennen, dass ich Menschen nicht gern fotografiere. Dass ich eine kaum zu überbrückende Scheu in mir trage, mittels meiner Kamera in die Kreise anderer Menschen einzudringen – bei Freunden oder der Familie ist das zwar etwas weniger stark ausgeprägt, aber auch hier habe ich starke Hemmungen, die dazu führen, dass aus mir niemals ein guter Portraitfotograf werden wird.
Diese Scheu wird durch die spezifische Kamerabenutzung – man blickt direkt durchs Objektiv – noch verstärkt. Man kann fast nicht heimlich fotografieren und blickt den Leuten durch das Objektiv direkt in die Augen. Zudem macht der Spiegel bei jedem Foto lautstark „KlackKlack“. Spätestens durch dieses Geräusch bekommt man mehr Aufmerksamkeit als bei der Benutzung einer Kompaktkamera.

Technisch musste ich feststellen, dass die sogenannte Tiefenschärfe (oder auch Schärfentiefe) bei einer Spiegelreflex ein ganz anderes Thema, als bei einer Kompaktkamera ist:
Bei einer Kompaktkamera ist das abgelichtete Bild (abgesehen von wenigen Ausnahmen) fast immer durchgehend scharf. Man kann nur in den Extremen die Schärfentiefe verändern. Bei einer Spiegelreflexkamera dagegen, hat der Blendwert viel stärker Auswirkung auf die Tiefenschärfe, dass bedeutet:
Schon wenn man einen mittleren Blendwert einstellt, z. B. f5,0, sowie eine Brennweite von 70mm, und bei einem Blumenstrauß die vorderste Blume scharf stellt,wird der Rest des Straußes u. U. schwammig unscharf. Wie im Bild rechts zu sehen. So etwas  kann natürlich ein künstlerisch gewollter Effekt sein und wird auch gern genutzt, falsch eingesetzt, sieht es aber nur doof aus.
Man lernt schnell, dass man nicht, wie man es von den Kompakten kennt, auf den scharf zu stellenden Bereich zielt, fokussiert und dann durch Schwenken der Kamera den Bildausschnitt sucht. Das führt leicht zu ungewollten Unschärfen. Dazu kommt, dass man sich durch diesen Schwenk sehr wahrscheinlich die Belichtung versaut hat, da die Belichtungsmessung  ja von einem anderen helleren oder dunkleren Ausschnitt ausging, als vom tatsächlich fotografierten. Ergebnis: wieder schwammige Blumen, die auch noch zu hell oder zu dunkel sind.
Kompakte Kameras verzeihen einem eher solche Fehler.

Ich fotografierte:
Landschaften, Tiere (Zoobesuche bekamen eine ganz andere Bedeutung für mich – aber dazu eventuell in einem späteren Beitrag mehr), den Mond und viele kleine Dinge: Blumen, Blätter, Kräuter, Insekten…
(Beispiele unter: unbekanntes-dokument.de)

Dieses 18-200mm Objektiv von Canon fokussierte zwar dort, wo ich es haben wollte. Im Vergleich mit einer Canon G10 war die Abbildung jedoch schwammig.  Wenn ich Fotos mit 18mm (also im Weitwinkel) fotografierte, bogen sich ehemals gerade Kanten von Häusern wie Flitzebögen.
Ich arbeitete jedes meiner Fotos nach (das tue ich zwar heute immer noch, aber aus anderen Gründen) und merkte, dass mich diese Qualität bald dazu bringen würde, das Fotografieren gänzlich aufzugeben, also musste das Objektiv abermals ausgetauscht werden:
Ich erwarb ein Objektiv für den Alltag:
Canon 17-85 mm f4-5.6
Und kurz darauf eins für die Ferne, da ich nicht auf meine Zoobesuche und somit auf die Tierfotografie verzichten wollte:
Canon 70-300 mm f4-5.6
Das 18-200 verkaufte ich mit nur geringem Verlust bei ebay.

Diese Ausrüstung war schon besser. Nun kam ich annähernd an die Schärfe heran, die ich von einer Spiegelreflexkamera erwarte und bekam noch eine Brennweitenverlängerung dazu.
Da ich nun ein weiteres Objektiv mit mir herumschleppen würde, benötigte ich natürlich eine neue Tasche… (weitere 30,- Euro…)

Ich fotografierte immer mehr Tiere und erkannte meine Freude an Insekten, genauer an Schmetterlingen. Für diese ist das 70-300mm gut geeignet, auch wenn es gerade für diese Motive wesentlich bessere Linsen gibt.

Dieses Zitronenfalterfoto halte ich übrigens für mein bisher bestes Schmetterlingsbild.
Was wohl hier wohl erst mit einem Telemakro möglich wäre…?

Da ich mittlerweile eine Nichte bekam (kleine Babys zu fotografieren macht mir erstaunlicherweise überhaupt nichts aus), legte ich mir zudem auch noch ein sehr lichtstarkes Objektiv zu. Ein Canon 50mm f1,4. Mit dieser sogenannten Festbrennweite konnte ich in geschlossenen Räumen ohne Blitz fotografieren, so dass ich das Kind nicht durch mein Gewitter verschreckte. Allerdings ist das Fotografieren mit eine Festbrennweite und mit einem Blendwert von f1,4 etwas ganz anderes, als mit einem Zoom. Man verhält sich wie ein Boxer: Denn man muss auf das Objekt zugehen oder Abstand nehmen, in die Knie gehen oder sich auf die Zehenspitzen stellen. Das trifft zwar auch auf jedes andere Objektiv zu, aber mit einer Festbrennweite wird man gleichsam dazu gezwungen, denn man kann nicht heranzoomen. Auf die Schwierigkeit, die sich durch eine kleine Blende ergibt, habe ich oben schon hingewiesen, dies trifft natürlich genauso auf ein Objektiv mit Festbrennweite zu.

Mittlerweile erkannte ich, dass man, wie es in vielen Foren,  Zeitschriften und Büchern beschrieben wird,  in RAW und nicht in JPG fotografieren sollte, da man RAW  viel besser nachbearbeiten kann.
Das hatte allerdings den Nachteil, dass der Serienbildmodus  450D von ehemals unendlich viele JPG’s, auf gerade einmal 3-4 RAWs in Reihe schrumpfte.

Das ist nicht sehr gut für die Tierfotografie, bei der man, ähnlich wie bei Sportveranstaltungen, gern aus vielen Fotos auswählen möchte, um die Chance auf die wenigen wirklich guten Fotos zu erhöhen.  Aus ähnlichen Gründen ist die Nachbearbeitung besonders wichtig, denn schnell ist beispielsweise ein fliegender Vogel in Richtung Sonne oder in den Schatten geflogen und das Foto somit zu hell bzw. zu dunkel  – mit RAW Fotos ist das nur ein kleines Problem.
Also sah ich mich nach eine erschwinglichen Alternative zur 450D um.
Die Canon 50D nahm alsbald ihren Platz ein. Die 450D verkaufte ich ebenfalls bei ebay – dieses Mal mit einem etwas größeren Verlust. Allerdings hatte ich mit ihr Unmengen an Erfahrungen gesammelt und viele tausend Fotos geschossen, so dass der Verlust aus dieser Perspektive angemessen erscheint.

Die Canon 50D brachte neben vielen anderen Vorzügen – zum Beispiel kann man bei diesem Gerät die Fokussierung justieren, so das ein Back- bzw. Frontfokus eine Objektivs nicht mehr so schlimm ist. Sie hat eine höhere Auslösegeschwindigkeit (6 Bilder/Sekunde) und ich kann mit der Einstellung RAW+JPG ca. 15 Fotos in Serie schießen, das genügt in den meisten Fällen.

Zusätzlich mussten noch 2 CF Karten gekauft werden, denn SD Karten nimmt die 50D nicht.
Im Sommer gab es dann noch eine neue Tasche zum Fahrradfahren (mittlerweile meine ich einen kleinen Taschentick an mir festzustellen – anscheinen meine weibliche Seite…).

Endlich bin ich mit meinem Equipment zufrieden.
Meine Canon 50D und meine Objektive bringen mir eine Qualität, mit der ich gut leben kann und eine Geschwindigkeit für alle Lebenslagen. Ich denke zwar darüber nach, ob ich mir ein langes Makroobjektiv kaufen möchte, um z. B. einem Schmetterling Auge in Auge gegenübertreten zu können, aber das ist nicht so eilig…oder vielleicht doch?

Aktueller Stand:

  • 1 Canon 50D
  • 2 CF Speicherkarten
  • 2 Akkus
  • 1 Objektiv Weitwinkel bis leichter Zoom (Canon 17-85mm f4,0-5,6)
  • 1 Objektiv Zoom (Canon 70-300mm f4-5.6)
  • 1 Objektiv Festbrennweite, leichter zoom (Canon 50mm f1.4)
  • 3 Taschen  (eigentlich müsste hier 4 Taschen stehen, aber das wäre mir erstens ein wenig peinlich und zweitens benutze ich die vierte wasserfeste Tasche auch ohne Kamera – zum Beispiel auf den Weg zur Arbeit – und das gilt dann doch nicht als Kameratasche oder?)

Fazit:
Erinnern wir uns, die Frage war: „Ergibt es Sinn, sich mit einer Spiegelreflex zu ‚belasten‘?“
Folgendes kann ich nun dazu sagen:

Oft lese ich den Satz: „Es ist egal, welche Kamera man besitzt, für gute Foto ist der Fotograf entscheidend.“ Das stimmt natürlich, allerdings kann das Equipment den Fotografen unterstützen und wenn die Ergebnisse nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen sollte man sich nicht zu sehr darauf festlegen, dass es ausschließlich an einem selbst liegt. Gerade im Spiegelreflexbereich gibt es für jede Spezialität ein spezielles Zubehörteil.
Wenn man Sportereignisse fotografieren will, darf man sich nicht wundern, wenn man mit einer langsamen Kamera weniger gute Fotos schießt. Wenn man scheue Tiere fotografieren möchte, sollte man ein Zoomobjektiv besitzen – aber es geht natürlich auch ohne, nur eben nicht so einfach.

Der Witz, oder das Problem, ist, dass man vorher nicht weiß, ob man mit einer Spiegelreflex etwas anfangen kann oder was man mit seiner Kamera anfangen wird, denn zu dieser Erkenntnisse wird man erst durch die Benutzung gelangen. Man kann sich vor dem Kauf informieren und sicher wird das auch etwas bringen, dennoch sollte man bereit sein, Geld auszugeben für etwas, das man eventuell recht schnell wieder verkaufen wird, sonst sind Frustrationen vorprogrammiert.

Selbstverständlich kann man mit jeder Kamera gute Fotos schießen, aber man wird immer wieder an die Grenzen der Kamera stoßen. Wenn man diesen Umstand erkennt, kann diese neu erworbene Erkenntnis bedeuten, dass man Geld ausgibt, es kann aber auch bedeuten, dass man sich anpasst und versucht das Beste daraus und aus dem vorhandenen Material zu machen.

Grenzen gibt es immer, man erweitertet sie lediglich ein wenig.
Letztendlich geht es immer nur um die Frage, in welchen Grenzen man bereit ist sich zu bewegen.

Lesen Sie weiter unter:
Meine Spiegelreflex – eine Bilanz II

Ein Gedanke zu „Meine Spiegelreflex – eine Bilanz

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