24. Diepholzer Stadtlauf – Halbmarathon

Heute wollen wir einen Halbmarathon laufen. „Wir“, das sind mein Freund L. und ich. Wir beide wollen heute unsere Bestzeiten laufen.
L. hat schon unzählige Läufe hinter sich und für mich wird es der dritte. Bei meinem 1. Halbmarathon war ich mit einer Zeit 2:01:30 ins Ziel gelaufen.
Bei meinem 2. Halbmarathon, welchen ich in der Vorbereitung zu  meinem Marathon in Hamburg lief, beendete ich mit einer 1:55:31. Das war – für mich – schon ziemlich schnell. Hier nun will ich diese Zeit toppen.
Laut meinen bisherigen Trainingszeiten sollte ich das schaffen können – aber man weiß ja nie. Immerhin gilt es auf 21.1 Kilometern mit 11 Km/h zu laufen. Eigentlich hoffte ich aber darauf, die 1:50:00 unterbieten zu können. Das entspräche dann einer 5:12 min/km (11,54 km/h) – ganz schön schnell, finde ich. 

Diepholz.
Diepholz ist ein kleines Städtchen in Niedersachsen mit ca. 16000 Einwohnern. Viel kann man nicht über dieses Städtchen sagen. Vielleicht kennt der eine oder die Anderen noch den See „Dümmer“. Aber selbst der Dümmer hat eine Tendenz zum Unspektakulären. Das geht soweit, dass er langsam aber sicher sein Wasser verliert, so, dass er mittlerweile eher ein 13 km2
großes Schlammloch ist, sehr zum Leidwesen der dort anliegenden Segler…

Der Stadtlauf in Diepholz,
könnte ich nun schreiben, um die Kurven weg von der Abschweifung, hin zum Thema zu bekommen, ist alles andere als unspektakulär. Und diese Kurve bekäme ich völlig zu Recht, denn selten habe ich einen solch gut organisierten Lauf erlebt.

Das beginnt mit der Planung der verschiedenen Läufe – sie sind so gestartet worden, dass die 5km und der 10km ungefähr zeitgleich mit den Finishern des Halbmarathons durchs Ziel gehen, das hat den Vorteil, dass man nach 2h Halbmarathonlauf noch bejubelt wird und nicht in ein gähnend leeres Stadion läuft. (Wie z.B. in Minden *grummel*) .

Auch sonst freut es mich beim Rundendurchlauf 4 Mal von dem Moderator anhand meiner Startnummer erkannt zu werden und mir so von den vielen Zuschauer in der Nähe des Sportplatzes durch die Runde bejubelt zu werden.
Natürlich erwartet man unterwegs bei solch kleinen Läufen keine Menschenmengen. Dennoch stand an jeder Abbiegung stand wenigstens ein freundlicher Mensch, viele von diesen hatte aufmunternde Worte parat. Schön, wirklich schön.
Aber wir meldeten uns ja weder wegen der Schönheit dieses Städtchens und auch nicht wegen des gut geplanten Laufs, sondern, weil es der einzige Termin war, auf den mein Freund und ich uns einigen konnten.

Um die „Größe“ dieser Laufveranstaltung darzustellen:
Gemeldet waren (mit Nachmeldungen) 30 Läufer/innen für den Halbmarathon, 49 für den -10 Kilometer- und 33 Personen für den 5 Kilometerlauf.
Dazu kamen ein Bambinilauf, (ein kleiner Junge lief versehentlich in die falsche Richtung los und musste nach 50 Meter umdrehen und eine fulminanten Aufholjagt starten, um das Feld einzuholen – was er auch schaffte…)
Desweitern kamen einen Schülerlauf und einen 400m Staffellauf hinzu.

Es gab sogar – bei dem 10km Lauf – eine Spaßläufertruppe dabei waren Batman, Catwomen, Homer Simson, eine lahme Ente, Grüne Laterne, ein Mann mit vielen Haaren (Disco Stue) ein Bollerwagen mit Musik und Getränken und (natürlich) ein fröhlicher (echter) Hund…
Ein Lauf, der wirklich alles zu bieten hatte

Dennoch, wer solche Veranstaltungen kennt, der weiß, dass es sich hier wirklich um eine – sagen wir mal – familiäre Größe handelt.
Überschaubar also.
Es war dennoch viel los, um sich zu amüsieren.
Die „großen“ Läufe fanden auf einem 5km Rundweg statt, welcher, obgleich es sich „Stadtlauf“ nannte, erst einmal raus aus der Stadt führte, über des kleine Flüsschen Hunte hinweg, über eine schöne Kopfsteinpflasterstraße durch ein paar Felder. Anschließend gelangte man durch eine Art Industriegebiet und durch ein Wohnviertel zurück zum Startpunkt.
Auch olfaktorisch und für den Magen ward etwas geboten. Es ging vorbei an einer Gewürzfabrik (glaube ich) mit herrlich duftenden Gerüchen – Hunger kam auf – an einer weiteren Stelle wurde man automatisch mit Proteinen versorgt, wenn man nur den Mund aufmachte – diese verdammten Dümmer Eintagsfliegenschwärme hatten es also bis nach Diepholz geschafft… (kein Lauf für Vegetarier also)

Letztendlich war der Lauf von der Strecke nicht so spektakulär, wie z.B. der Teutolauf, aber gut zu laufen und die Höhenmeter waren ein Witz. Ideal für Bestzeiten.
Es gab eine Versorgungsstation (also alle 5 km – mehr benötigt man auch nicht) und einen weitere –  inoffizielle – der Familie Bredemeier, ungefähr 1,5 km vor der offiziellen Verpflegung. (Den Namen der Familie verriet mir später, im Ziel, ein Mitläufer – diese sei eine sportbegeisterte Familie, wusste er zu berichten).
Für mich sah das so aus: Kleine Kinder reichten mir (nicht schlechter als an dem „Profistand“) Becher mit Wasser. Und weil die Kinder so begeistert bei der Sache waren, musste ich die Becher annehmen.
Ich nahm am offiziellen Stand noch einmal Wasser zu mir. Ich trank also verhältnismäßig viel an diesem Tag.

Der Lauf
Ich wollte mir dieses Mal den Lauf richtig einteilen. Ich hatte keine Lust, noch einmal gegen Ende einzubrechen wie in Harsewinkel (auch wenn ich das damals nicht so sah).

…so lief ich behände mit einer 4:57 (12,12 km/h) durch den ersten Kilometer… blickte auf meine Uhr und ich schüttelte innerlich den Kopf…
„Brems Dich ein!“ dachte ich und schaffte es, meinen Lauf auf den ersten 5 Kilometern eine 5:09 einpendeln zu lassen.

Vor mir lief ein junger Mann, mit fast der gleichen Geschwindigkeit wie ich. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn zu überholen, verwarf diesen aber. Ich wollte mich ja nicht verheizen.

Leider machte mein Puls nach dem 5. Kilometer komische Dinge und war plötzlich erstaunlich hoch (er hüpfte „plötzlich“ von 161 auf 165,  das ging mir zu schnell, ich bremste ein bisschen weiter. Die zweite 5km Runde lief ich dann mit angezogener Handbremse in 5:21 (11,21 km/h). Langsam aber unspektakulär. Der Läufer vor mir vergrößerte seinen Abstand.

Die schnellsten vier Läufer im Halbmarathon überrundeten mich übrigens ungefähr auf Kilometer 13 in einer Geschwindigkeit, die ich keine 5km durchgehalten hätte… (der erste lief später mit einer unglaublichen 1:14:28 – 3:31 min/km, 17.0 km/h – durchs Ziel).
Nach der dritten Runde (und somit vor den letzten 5+1 km) lupfte mein Puls das erste Mal über die 172 (90%).
Mein Paceschnitt lag nun schon bei 5:16 (11,39 km/h) – um die 1:50 zu unterbieten, benötigte ich aber eine 5:12 auf dem Tacho (das hatte ich mir vor dem Lauf errechnet Barbara.)… Ob das noch zu schaffen war?

Eigentlich egal – eine Bestzeit würde es in jedem Fall werden.

Dennoch, fühlte in mich hinein und glaubte, noch genügend Körner zu haben, um einen längeren „Sprint“ zu probieren, mein letzter HM hatte mir gezeigt, dass ich 5 km in der Lage bin an meiner Leistungsgrenze (über 90-95% meiner HFMax) laufen kann…
Diese Überlegung hatte dann allerdings doch ca. 2 km lang gedauert, anscheinend war mein Hirn doch schon ein bisschen im (Lauf)Tunnel.

Endlich, ca. ab Kilometer 17,5 versuchte ich den Gedanken an meine Beine weiterzuleiten und begann schneller zu werden. Ich fing an, den Läufer vor mir einzuholen.
Das führte zu einer Pace von 4:57 (12,12 km/h) auf Kilometer 17 bis 18. Der Puls stieg moderat an, ich konnte noch atmen. Also weiter.

Den jungen Mann schnappte ich mir dann tatsächlich. Und was tat der? Der zog an… Frechheit! 😀
Ich behielt meine Pace so um die 5:00.
„Komm doch!“ Dachte ich mir. „Zieh an mir vorbei und verheiz Dich!“
Nun rannte er wieder neben mir…. (innerlich zollte ich ihm Respekt!)
Er hielt das aber nicht lange durch, denn anscheinend hatte er schon mehr Scheite verbrannt als ich. Er ließ nach gefühlt einem Kilometer von mir ab.
Da ich ihn jedoch weiterhin knapp hinter mir wähnte, blieb ich so schnell wie ich war – bei 30 Leutchen hat man nicht so viele, die man einsammeln kann – da muss man schon nehmen wen man kriegt.
Ich könnte nun schreiben, dass ich die restlichen 3 Kilometer bis ins bis ins Ziel lief ich in einer ähnliche Pace lief – stimmt aber nicht.

Ich lief also schnell – so richtig schnell für einen Halbmarathon und wartete auf den Einbruch – der nicht kam. Bei km 20 zeigte meine Uhr eine 5:13(11,50 km/h) an. Nein! Das ist nicht möglich. AN-ZIE-HEN! (Zur Erinnerung: 5:12 (11, 54km/h)  war die notwendige Durchschnittsgeschwindigkeit, um auf die gewünschte 1:49:59 zu kommen.)

Die letzten 500 Meter peste ich mit einer 4:33 (13,19 km/h) durch die Gegend!
Ich stürmte durchs Ziel, stoppte die Uhr und blickte drauf 1:49:48 stand dort. Ein Luftsprung ! …wäre an dieser Stelle angebracht, war aber in Anbetracht der gelaufenen Kilometer nicht mehr möglich – so hüpfte ich innerlich, und zwang mich dazu, langsam weiterzulaufen und meinen Puls von 191 laufend herunterzubringen… (Ja, ich zwinge mich dazu weiterzulaufen, weil ich weiß, dass es mir dann schneller besser geht.)

Glücklich trabte ich anschließend zu meiner Frau, die noch am Ziel stand und auf uns wartete.

Nachtrag/Fazit
Letztendlich hatten wir beide unser Ziel erreicht. Etwas Weiteres kam noch hinzu: Wir kamen beide auf‘s Treppchen.

Dazu kam: Ich wurde 2. In der Altersklassenwertung M40.
…das ich zweiter von insgesamt lediglich drei Läufern wurde, lasse ich hier mal unter den Tisch fallen – denn ich freute mich wie ein Sieger! Schön, auf solch einem Treppchen zu stehen.

Nun besitze ich eine hübsche Urkunde, die mir den 2.Platz Altersklasse M40 bescheinigt.
Schön auch, dass Catwoman (W-U23), Spiderman, Batman, Homer und die lahme Ente auf die jeweiligen Altersklassenplätze kamen.
Vor allem Catwoman war sehr verwirrt, nahm aber die Urkunde mit einem gewissen Stolz entgegen.

Der Stadtlauf Diepholz hatte wirklich alles zu bieten und dazu noch ein paar nette Überraschungen.
Ich glaube, ich komme wieder.

Hier noch die Daten zum Lauf:
Halbmarathon Stadtlauf Diepholz 27.09.2014:
Distanz 21,10 km | Zeit 1:49:48 | Tempo 5:12/km | ø Puls 169 bpm (88 %) | max. Puls 191 bpm (99 %)
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