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über das Innenleben einer Krähe

Wie denkt eigentlich eine Saatkrähe (Corvus frugilegus) über den Regen?
Am Sonntag fuhr ich eine längere Strecke, mit meinem Motorrad durch den Regen und fühlte mich nass, mies und ungemütlich. Ich hatte nasse Hände und nasse Füße und nach geraumer Zeit wurde mir auch noch kalt kalt!

Irgendwann hüpfte eine Krähe über die Straße.

Später nahmen ein paar weitere Krähen ein Festmahl ein. Dies geschah abermals auf der Strasse: Ein Hase (oder eine Katze oder ein Hund – man konnte es nicht mehr genau erkennen) lag totgefahren dort und wurde den Vögeln zur Mahlzeit.

Diese Vögel hatten eins gemein, sie sahen weder betrübt, noch traurig aus, keiner dieser Krähen schien schlecht gelaunt zu sein und sie hatten anscheinend auch keinen Grund sich über das Wetter zu beklagen.

Das war wieder einmal einer dieser Zeitpunkte, wo sich mir wieder eine dieser Fragen stellte.

Ich meine die Art von Fragen, die man sich besser nicht stellt, da man sowieso keine Antwort bekommt, wenn man sie sich nicht selber gibt:

„Wie fühlt sich eigentlich solch ein Vogel bei diesem Wetter?“

Ich meine das absolut subjektiv: wie erlebt ein Vogel eigentlich die Welt als Ganzes, und, im Speziellen, solch ein mieses, ekelhaftes, schmuddeliges, nasskaltes Wetter, wie es am vergangenen Sonntag stattfand? (auf das tote Tier auf der Straße komme ich in einem anderen Artikel zu sprechen)

Obwohl mir klar ist, dass man sich nur täuschen kann, wenn man versucht, sich in einen Vogel zu versetzen, denke ich, dass man sich dennoch dadurch ein Bild davon machen kann, welch eine Wahrnehmung der Welt einer Krähe, ein Mensch hätte, wenn er anstelle des Vogels wäre. Das ist doch auch was.

Ich finde es nicht leicht, mich sich in einen Vogel zu versetzen, denn erstens, kann ich nicht fliegen – was ich für einen echten Makel halte – und zweitens, ist ein Vogel mit (wie schon indirekt angemerkt) einem völlig anderen Körper als dem meinen und in einer völlig anderen Lebenswelt als der meinen.
Wie also, hätte ich eine Chance, mich in einen Vogel hineinzudenken, ohne auf den Holzweg zu geraten und auch nur das Geringste zu verstehen? Das Ganze, wo ich doch meistens schon Mühe habe, mein menschliches Gegenüber zu verstehen?

Es wird wahrscheinlich nicht funktionieren.
Ich werde mich dennoch in eine Vogel hineindenken, weil ich, verdammt noch mal, wissen will, warum diese doofen Krähen so fröhlich aus der Wäsche schauen, während ich bibbere und friere.

Meinem „Vogelverstehen“ lege ich folgende Hypothesen über die Lebenswelt und das Leben einer Krähe zugrunde:

  1. Eine Krähe besitzt keine Wohnung mit Heizung. (!)
  2. Sie nimmt keine regelmäßigen und ausgewogenen Speisen zu sich.(!!)
  3. Sie hat kein Bedürfnis nach Konversation, (?) (obwohl ich mir da nicht so sicher bin – schließlich ist eine Krähe ein intelligenter Vogel, und führt ein „geselliges“ Leben – diese These ziehe ich also zurück.)
  4. Eine Saatkrähe lebt monogam.

    (Mittwoch, 22.11.2006, 20.22Uhr, http://de.wikipedia.org/wiki/Saatkr%C3%A4he#Fortpflanzung_und_Brut )

  5. Sie isst (auch) Regenwürmer.

Nun, ich denke, diese Prämissen kann man so stehen lassen und mich weiter meinem Ansinnen nähern, die Krähen zu verstehen. Folgendes schließe ich aus den oben genannten Prämissen:

Ein Wesen, das keine Wohnung und keine Heizung besitzt, wird den Unterschied zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ nicht kennen und somit, das „Drinnen“ dem „Draußen“ nicht vorziehen (wollen). Also wird ein verregneter Tag, für eine Krähe nicht so unangenehm sein, wie für mich.
Das ist schön für die Krähe.
Zwar wird eine Krähe zwischen „Nass“ und „Trocken“ unterscheiden können, genauso zwischen „Kalt“ und „Warm“, aber eine Krähe ist nicht solchen Temperaturschwankungen, wie der Mensch ausgesetzt und wird, in Folge dessen, die Kälte und Unwirtlichkeit nicht als derart unangenehm wahrnehmen, wie unsereins. Außerdem ist eine Krähe, sozusagen von Natur aus, besser angezogen als wir Menschen. Das bedeutet dann wohl, dass die Krähe sich eventuell etwas besser fühlt, wenn es wärmer ist, aber den Unterschied zwischen nasskalt und sommerlichwarm wird sie nicht derart verspüren, wie ich auf dem Motorrad, mit durchgeweichten Klamotten.

Obwohl eine Krähe sich nicht von regelmäßigen, mit Geschmacksverstärkern versehenen, Mahlzeiten ernährt, wird sie so etwas wie „Lieblingsnahrung“ haben… …zum Beispiel Regenwürmer…
Außerdem denke ich, dass die Funktion des Hungers, bei allen Wesen gleich oder ähnlich sein wird: Hunger ist ein unangenehmes Gefühl, dass befriedigt werden will. Das Wesen (die Saatkrähe) wird bei der Befriedigung, so etwas wie „Lust“ „Glück“ oder einfach „Befriedigung“ erfahren.

Also kann man, denke ich, der Krähe Lust oder lustvolles Handeln unterstellen.

Ich bin mir nicht sicher, ob eine Krähe bewusst Lust provozierende Handlung unternimmt:
Zum Beispiel das Hinausschieben des Hungers, um die Lust der Befriedigung stärker zu erfahren.
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob eine Krähe sich, auf irgendeine Art und Weise, bewusst darüber ist, was sie tut, wenn sie ihre Lust befriedigt.
Vielleicht weiß sie aber doch davon und dann funktioniert es bestimmt etwa so:
Eine Krähe hat Hunger und denkt:
„[…] ah, ja, das Gefühl hatte ich neulich schon mal, da haben die kleinen Krabbelkäfer am besten geholfen, aber irgendwie war es viel toller, als ich die dicken Würmer gegessen habe, obwohl ich dann viel längern buddeln und wühlen musste, was ich eigentlich nicht so gerne mache, aber um der leckeren Würmer willen […]“ und so weiter und so fort. (…womit ich – der Autor – nicht unterstellen möchte, dass Käfer besser schmecken als Würmer, oder umgekehrt…). Das bewusste Erleben von Mangel- Befriedigungs- Lustsituationen setzt eine Menge weitere mögliche Handlungen in Bereitschaft, die eventuell zum Zuge kommen (wollen).
Rekapitulierend kann ich annehmen, dass eine Krähe zumindest dem Futter grundsätzlich zugeneigt und einer bestimmten Art von Futter stärker zugeneigt sein wird, auch wenn sie sich dessen (wahrscheinlich) nicht bewusst ist (obwohl ich für letzteres nicht meine Hand ins Feuer legen würde).

Eine Krähe kann andere Wesen „wertschätzen“. Zumindest lebt sie in monogame Beziehungen. Da kann ich den Schluss ziehen, dass sie ein bestimmtes Gegenüber mehr wertschätzt, als andere Artgenossen.
Krähen lassen sich auch an andere Wesen binden als an ihresgleichen.
Das ist dann wohl ein Verweis auf… ja, auf was eigentlich… Krähen lassen sich Binden, also kann man ihnen so etwas wie „soziales Verhalten“ zuschreiben. Ich will soweit gehen und ihnen Zuneigung, und somit eine weitere Art von Gefühlen, unterstellen.

Um das Ganze hier nicht zu lang werden zu lassen, werde ich meine Überlegungen an dieser Stelle unterbrechen und resümieren:

Ein Rabenvogel, genauer gesagt eine Saatkrähe (Corvus frugilegus), ist zu vielerlei Gefühlen fähig. So kann man annehmen, dass sie Hunger hat und ihn stillen will. Das kann ich gut verstehen – ich habe selber ständig Hunger…

Weiter kann man annehmen, dass sie zu sozialen Gefühlen fähig ist. Ich nenne das mal Liebe, in Erinnerung daran, dass man die „Liebe“ des Menschen auch nicht wirklich definieren kann – höchstens als einen neurotischen Zustand, der vom Ungleichgewicht verschiedener Hormone hervorgerufen wird. Warum sollte es so etwas nicht auch bei den Krähen geben.

Außerdem mag eine Krähe Würmer. An einem regnerischen Tag haben Würmer die Eigenart, aus der Erde gekrochen zu kommen, um den Tod durch ertrinken zu entgehen. Krähen müssen sich an solchen Tagen also kaum anstrengen, um sich den Magen vollzuschlagen. Zudem haben Autos längere Bremswege und Autofahrer eine schlechtere Sicht, so dass es gehäuft zu tödlichen Unfällen mit „Kleinwild“ kommt – woran sich die Krähen abermals gütlich tun können.

Ergo:

Ein regnerischer Tag, ist für eine Krähe, wie ein Festmahl mit Freunden, in einem leicht unterkühlten Raum… …Ich glaube aus einer tieferen Freundschaft zwischen mir und einer Krähe wird wohl, aus nahe liegenden Gründen, nichts werden…

In meinem nächsten Beitrag will ich mir über das „Kleinwild“, wie Hase, Katze, Hund und deren Gefühlswelten, kurz bevor sie überfahren werden, Gedanken machen…